Meisterwerke mit einer Nutzlast von über 3,5 Tonnen, oder ein paar Worte über Kunsttransporter aus Asien

Asiatischer Truck

Der Beginn des neuen Jahres ist die Zeit des Karnevals. Und Karneval bedeutet Lichter, Farben und hemmungslosen Spaß. Wussten Sie, dass es Orte auf der Welt gibt, an denen diese Attribute auch für Lastwagen gelten? Das ist kein Scherz. In Asien gibt es sogar eine ganze Straßenkultur, die sich um die Dekoration von Lastwagen mit aufwendigen Grafiken und bunten Lichtern dreht. Diese Lastwagen sind wahre Kunstwerke. Allerdings werden sie nicht in Galerien ausgestellt, sondern transportieren weiterhin Fracht von A nach B.

Japan: Dekotora

Sammler von Miniatur-Automodellen (oder Eltern von Kindern, die mit Druckgussautos spielen) sind wahrscheinlich mit der Marke Hot Wheels vertraut. Der umfangreiche Katalog der Spielzeugfahrzeuge von HW umfasst sowohl Nachbildungen echter Autos als auch fiktive Modelle. Eines davon ist der Raijin Express –ein Lastwagen mit einer sehr markanten Silhouette, der vor (Plastik-)Chrom trieft und mit Kanji-Zeichen verziert ist. Obwohl der LKW selbst keinem realen Vorbild entspricht, ist das allgemeine Konzept dahinter sehr real. Aber fangen wir von vorne an.

Wir schreiben das Jahr 1975. Das japanische Filmstudio Toei veröffentlicht den ersten von zehn Filmen über die Abenteuer von „Torraku Yako“, oder „Boys in Trucks“. Bunta Sugawara und Kinya Aikawa spielen die Rollen der verwegenen Besitzer von Lastwagen, die sich durch aufwendige, bunte Dekorationen und Beleuchtung auszeichnen. Die Komödien über die Liebesabenteuer der beiden Torraku Yako wurden sofort zu Hits auf dem japanischen Markt und die Fahrzeuge der Hauptfiguren fanden auch in der realen Welt viele Anhänger. So wurde der Dekotora-Trend geboren, der bis heute anhält.

Der Begriff „dekotora“(デコトラ) stammt von den japanischen Worten „dekoreshon torakku“(デコレション トラック), was so viel wie „verzierter Lastwagen“bedeutet. Zunächst waren nur die im Nordosten Japans verkehrenden Fischtransporter Dekotoras, aber im Laufe der Jahre hat sich die Beliebtheit der Dekoration von Lastwagen mit bunten Gemälden, Silber- und Goldelementen, Neonröhren und jetzt auch LED-Beleuchtung auf das ganze Land ausgeweitet. Je nach Standort kann man von Dekotoras im Kanto-Stil (die Inselregion Honshu mit dem Großraum Tokio) oder im Kansai-Stil (die zentrale Region Honshu mit Kyoto und Osaka) sprechen. Beliebt sind auch Modelle im Retrostil, und viele Besitzer schmücken ihre Lastwagen mit Figuren aus Manga und Anime, insbesondere aus der „Mobile Suit Gundam“-Serie. Bei den Dekotoras handelt es sich meist um Kastenwagen der beliebtesten Marken auf dem japanischen Markt: Hino, Mitsubishi Fuso und Isuzu. Sie sind wahre Kunstwerke auf Rädern, einzigartig, denn kein Dekotoras gleicht dem anderen. Sie sind auch der Beweis dafür, dass die Kombination von Nutzfahrzeugen und der Magie der Leinwand eine neue Straßenkultur hervorbringen kann, die immer noch floriert.

Indien und Pakistan: Jingle Trucks

Der Name Jingle Trucks wurde von amerikanischen Soldaten erfunden, die während des Krieges in Afghanistan (2001-2021) stationiert waren, als sie zum ersten Mal bunt geschmückte Lastwagen auf den Routen zwischen Pakistan und Afghanistan sahen. Natürlich ist die Tradition, dass die Fahrer aus Indien und Pakistan die Lastwagen mit komplizierten Blumenmustern und kalligrafischen Aufschriften verzieren, viel älter.

Aber warum überhaupt der Begriff Jingle Trucks? Höchstwahrscheinlich wegen der klimpernden Geräusche, die diese LKW während der Fahrt dank der an Stoßstangen und Fahrerhäusern angebrachten Glocken und Ketten von sich geben.

Was bringen die Fahrer auf ihren Jingle Trucks an? Meistens sind es Bilder, die an ihre Heimatstädte oder wichtige Ereignisse in der Geschichte Indiens und Pakistans erinnern, aber auch Fragmente von Gedichten, Liedern oder religiösen Texten. Einige Künstler, die Dekorationen für Jingle-Trucks anfertigen, werden unter indischen und pakistanischen Fahrern richtig berühmt. Der Wert der Dekorationen und Zierteile kann sogar um ein Vielfaches höher sein, als der Wert des Fahrzeugs selbst. Vor allem, wenn es sich um jahrzehntealte Trucks von Marken wie Tata, Mahindra oder Ashok Leyland handelt, um nur einige zu nennen.

Philippinen: Jeepney

Wir wollen nun vom Warentransport zum Personentransport übergehen, aber bei der Beschreibung der farbenprächtigen Nutzfahrzeuge aus Asien dürfen wir die Philippinen und eines der Symbole dieses Landes –den Jeepney –nicht auslassen.

Das Wort „Jeepney“ist ein Schachtelwort aus den Wörtern „Jitney“, das für ein lokales Taxi steht, in dem mehrere Fahrgäste gleichzeitig fahren können und „Jeep“, einem amerikanischen Militär-Geländewagen. Jitneys waren ein beliebtes öffentliches Verkehrsmittel in Manila und anderen philippinischen Städten, als die Philippinen eine US-Kolonie waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auf den bereits unabhängigen Philippinen Militärjeeps aus dem Überschuss der US-Armee populär. Sehr schnell wurden sie zu Jitneys umgebaut. Die Karosserien wurden nicht nur verlängert, um mehr Fahrgäste aufnehmen zu können, sondern sie wurden auch in leuchtenden Farben lackiert und mit Bildern verziert. Im Laufe der Jahre dienten nicht nur die originalen Jeeps aus amerikanischer Produktion, sondern auch ihre Lizenzversionen aus Japan (Mitsubishi Jeep) oder Indien (Mahindra) als Jeepneys. Bald wurden sie durch modernere japanische Geländewagen wie den Nissan Patrol, aber auch durch Pickup-Trucks ersetzt. Heute arbeiten auf den Philippinen über eine halbe Million Menschen als Jeepney-Fahrer. Obwohl der Jeepney ein Symbol der Philippinen ist, könnte sein Fortbestand aufgrund der Entwicklung moderner öffentlicher Verkehrsnetze in den größten Städten des Landes sowie zunehmend strengerer Sicherheits- und Abgasnormen infrage gestellt sein.